Leinen-, Köper-, Fischgrätbindungen

 

Gewebe in Leinenbindung 

Diese Wolldecke in Leinenbindung leistet immer noch gute Dienste. Sie wurde in den 1970er Jahren gewebt. Danach verschwand der Glimåkra-Standard-Webstuhl für vier Jahrzehnte auf dem Dachboden. 

Das erste Exponat, das nach der langen Ruhephase des Webstuhls entstanden ist, zeigt einen baumwollenen Tischläufer ebenfalls in Leinenbindung. Seine schlichte Eleganz lässt ihn wie für feierliche Anlässe geschaffen erscheinen. 

 

Gewebe in querlaufender Spitzköperbindung 

Zuerst macht man einen Plan, wie das neue Gewebe aussehen und gewebt werden soll. Man kann das auf einem Blatt Papier oder mit dem in der Werkstatt Weddingstedt entwickelten Computer-Programm auf Excel-Basis (siehe oben) erledigen. Dieses kleine Programm generiert Aufbindeschemata (siehe das weiß-blau-blaue Quadrat mit acht mal acht Feldern rechts unten) für Muster, für deren Umsetzung am Webstuhl bis zu acht Schäfte und acht Tritte erforderlich sind. Ein Aufbindeschema gibt an, welche Tritte mit welchen Schäften verbunden werden müssen. Das hier gezeigte Beispiel steht für eine quer laufende Spitzköperbindung, die auf dem Webstuhl mit vier Schäften und vier Tritten realisiert werden kann. Der Richtungswechsel der Musterstreifen wird durch einen Wechsel in der Trittfolge (siehe die blauen und weißen Quadrate mit schwarz markierten Trittfeldern am rechten Rand) hervorgebracht.

 

Entsprechend der vorangegangenen Planung wurde dieser Wollstoff auf dem Glimåkra-Standard-Webstuhl mit Kontermarsch, vier Schäften und vier Tritten in quer laufender Spitzköperbindung gewebt. Die farbige Kette in Kombination mit einfarbig hellem Schuß lässt eine klare Streifung in Längsrichtung entstehen. Eine schöne Wolldecke für den täglichen Gebrauch. 

 

Querstreifen in den Farben der Kette unterscheiden diese Wolldecke von der oben abgebildeten Decke. Ein Webfehler im roten Webbereich lässt sich mit Nadel und Faden leicht ausbessern. Bei diesen beiden Geweben in Spitzköperbindung überspringen die Schuss- und Kettfäden jeweils zwei Fäden. 

 

Zu straff gespannte Kettfäden an den Webkanten können beim Weben durchscheuern und müssen dann ersetzt werden. Damit die verzweifelten Rettungsversuche nicht ins Auge fallen, kann man die Ränder des Gewebes einfassen. In Handarbeit mit Nadel und Faden ist das eine langwierige Arbeit. 

 

Weitere Details wie die Fransen und der Gewebeabschluss in Panamabindung, der zu einer Verstärkung des Geweberandes führt, ergänzen das Gesamtbild der Wolldecke. 

 

Gewebe in längslaufender Fischgrätbindung 

Hier wird die Planung eines Gewebes in längslaufender Fischgrätbindung dargestellt, das sich mit sechs Schäften und sechs Tritten auf dem Webstuhl realisieren lässt. Im Gegensatz zum oben gezeigten Beispiel wird dieses Muster durch eine wechselnde Zuordnung der Kettfäden zu den Schäften (siehe die blauen und weißen Quadrate mit schwarz markierten Schaftfeldern am unteren Rand) hervorgerufen.

Das Aufbindeschema (siehe das blau-blaue Quadrat mit sechs mal sechs Feldern rechts unten) ließe sich auch ohne digitale Unterstützung durch eine 90°-Drehung des Musterquadrats (rot-blau) gegen den Uhrzeigersinn erzeugen. Aber das wäre doch wohl zu einfach und heutzutage auch nicht mehr zeitgemäß. 

 

Die folgenden Wolldecken wurden in längslaufender Fischgrätbindung gewebt. Dafür waren je sechs Schäfte und Tritte erforderlich. Links oben im Bild sieht man die Kettfäden, rechts unten fertiges Gewebe. Die Schuss- und Kettfäden überspringen jeweils drei Fäden, wodurch der Stoff deutlich mehr Substanz erhält als bei der oben gezeigten Spitzköperbindung. 

 

Für das relativ breite Gewebe war es nötig, mehrere Ketten in den Webstuhl einzubringen. Das macht das Aufbäumen nicht gerade leichter und erfordert den Einsatz von Helfern, die diese Ketten beim Aufbäumen straff ziehen. Für vier Ketten braucht man vier helfende Hände.

 

Aber es geht auch anders. Mithilfe in der Werkstatt Weddingstedt angefertigter Zughölzer, deren Enden hakenförmig zum Anschlingen der Ketten gestaltet sind, lassen sich von einer Person gleichzeitig vier Ketten straffen. 

 

Die Glasschale passt farblich perfekt zu der fertigen Decke, in deren Muster sich ebenfalls die Farben Blau, Grün, Rot und Gelb finden. Dabei lässt die Querstreifung des Gewebes in den hellgrauen Bereichen die Farben der Kette je nach Blickwinkel mehr oder weniger stark hervortreten. 

 

Bei gleicher Kette wie oben: Durch eine engere Aufeinanderfolge der verschiedenfarbigen Querstreifen erhält diese Decke ihr eigenes farbenfrohes Aussehen. 

 

Sitzpolsterbezüge in längslaufender Fischgrätbindung

Die Sitzpolster von sechs Stühlen sind zerschlissen. Neue Bezüge sollen den ursprünglichen Charakter der Stühle möglichst bewahren. Aber finde mal so einen speziellen Stoff. Gar nicht so leicht. Der alte Stoff wird also erst mal zur Analyse unter die Lupe genommen:

Er besteht aus sehr feinem Garn. In den hellen Bereichen erkennt man seine Fischgrätbindung. Die im Bild quer laufenden Kettfäden überspringen jeweils vier Schußfäden. Der neu zu webende Stoff soll ebenfalls in Fischgrätbindung gewebt werden - allerdings mit einem stärkeren Baumwollgarn. Die Kett- und Schussfäden sollen nicht vier sondern jeweils nur drei Schuß- oder Kettfäden überspringen, damit das Muster in seiner Größe ungefähr dem des ursprünglichen Gewebes entspricht.

 

Die Unterseite des alten Gewebes wird durch die dunkleren Schussfäden in seiner Färbung bestimmt (im Bild unten rechts). Auf der helleren Oberseite erzeugen sie eine farbliche Betonung der Fischgrätbindung, die sonst nicht so deutlich zu erkennen wäre.

 

Die Planung ist abgeschlossen und die rot gestreifte Kette befindet sich bereits auf dem selbstgebauten Schärbaum. Dieser ist unter seiner unteren Holzebene mit einem Kugellager versehen und daher äußerst gut drehbar. Im Unterschied zu handelsüblichen Schärbäumen verfügt er oben und unten über geschlossene Abstellflächen, die nicht nur seine Stabilität erhöhen, sondern auch gut für die Ablage von Garnen und anderem Webzubehör geeignet sind. Selbst eine Tasse Tee oder Kaffee kann hier ihren Platz finden. 

 

Inzwischen ist die Kette im Webstuhl aufgebäumt und mit dem Weben wurde begonnen. Zu sehen ist ein erst schmaler Gewebestreifen, der die später auf den Stühlen nicht sichtbare Unterseite des Stoffes zeigt. Welche Seite im Webstuhl von oben zu sehen ist, hängt davon ab, wie man die Schäfte und Tritte miteinander verbindet. Für die Herstellung dieses Stoffes sind je vier Schäfte und Tritte erforderlich.


Der Stoff ist fertig. Obwohl seine hellen Kettfäden und die Schussfäden von gleicher Farbe sind, ist auch hier die Struktur der Fischgrätbindung im schräg einfallenden winterlichen Sonnenlicht deutlich zu erkennen.

Die Gewebeoberseite (links im Bild) wurde in ihrem Aussehen den ursprünglichen Sitzbezügen nachempfunden und unterscheidet sich von seiner Unterseite (rechts) durch die deutlicher hervortretenden roten Streifen. Das differierende Erscheinungsbild kommt zustande, weil die von oben nach unten laufenden Kettfäden auf der Gewebeoberseite jeweils drei, auf der Unterseite nur jeden vierten der quer laufenden Schussfäden überspringen.

 

Nun muss der Stoff noch zugeschnitten werden. Das kostet Überwindung. Aber es geht ja nicht um den Stoff an sich, sondern um den Zweck, dem er gerecht werden soll:

Erstelle deine eigene Website mit Webador